Weihnachten 2017 in Moria – Willkommen in Europa

Weihnachten haben wir gestern im Moria Camp auf Lesbos verbracht. Wir haben mit vielen Menschen im wilden Camp gesprochen, welches außerhalb vom Moria Camp liegt. Das wilde Camp ist stark gewachsen. Es ist etwa drei mal so groß als das es war seit wir im September das letzte Mal hier waren. Danach sind wir ins Moria Camp gegangen und wurden wieder mit den unhaltbaren Zuständen, die dort herrschen, konfrontiert.

An Weihnachten haben die Geschäfte hier geschlossen. Deswegen konnten wir kein neues Spendenmaterial kaufen. Da wir alle Spenden (vor allem Windeln und Babynahrung) in den Tagen davor schon verteilt hatten, entschieden wir uns während der Weihnachtstage etwas anderes zu machen. Während wir die Spenden verteilt hatten, merkten wir das viele Menschen einfach nur mit uns reden wollten. Aus dem Grund entschieden uns über Weihnachten trotzdem nach Moria zu fahren.

Offiziell dürfen selbst-organisierte Hilfstrukturen nicht ins Moria Camp. Filmen und Fotografieren ist in und rundum das Moria Camp strikt verboten. Wenn man ein mal drin war, dann weiß man auch direkt warum. Die Unterversorgung ist nicht zu übersehen. Neuankömmlinge schlafen draußen auf dem Boden, ohne Zelt, auch Kinder. Moria liegt auf einem Hügel und Nachts ist es dort oft rund die 4 bis 5 Grad. Aber auch die, die ein Zelt haben leiden unter der Kälte. Es gibt zu wenig warme Kleidung und Menschen laufen oft in Flipflops oder kaputten Schuhen herum.

Die Sanitäranlagen im Camp sind völlig verdreckt und wenn die Menschen, die dort teilweise schon seit anderthalb Jahren leben, Glück haben, gibt es ein paar Stunden pro Tag warmes Wasser. Die Duschen sind so dreckig, dass viele Menschen bei einem von Bauern zur Verfügung gestellten Schlauch mit kaltem Wasser duschen gehen. Dort ist es zwar auch dreckig und kalt, aber nicht so dreckig wie im Moria Camp. Bei den Toiletten sieht es nicht besser aus. Viele Menschen gehen deswegen im Freien auf die Toilette.

Das Moria Camp ist für etwa 2000 Menschen ausgelegt. Doch als wir hier ankamen, lebten dort rund 8.500 Menschen. Die griechische Regierung hat jetzt angefangen Menschen nach Kreta und Athen zu verlegen, da die Spannungen im Camp immer mehr zugenommen haben. Jeden Tag kommen auf den griechischen Inseln neue Menschen an, manchmal sogar mehr, als an diesem Tag nach Athen oder Kreta gebracht werden. Der Plan der griechischen Regierung sieht vor die Zahl der in Moria lebenden Menschen auf 4000 zu reduzieren. Das bedeutet, dass das Camp immer noch doppelt so stark belegt ist, wie es eigentlich sein sollte.

Die Zustände im Moria Camp sind eigentlich nicht mit Worten zu beschreiben. Die Kälte, die Ungewissheit und das ewige Warten lassen die Verzweiflung ständig steigen. Wir leben nicht im Moria Camp, aber jedes Mal, wenn wir dort waren, gab es ein Schweigen auf der Rückreise nach Mytilini, der Hauptstadt der Insel. Die Bilder im Kopf hinterlassen Spuren. Was die Zustände mit Menschen machen, die dort leben, können wir nur erahnen.

Wie wir oben schon geschrieben haben: Die Menschen hier wollen oft einfach nur reden. Sie erzählen über die Situation in ihren Heimatländern, warum sie geflohen sind und sie sprechen über die Situation auf Lesbos. Sie bekommen oft nur wenige Informationen über die Verfahrensweisen für ihre Papieren und die Genehmigungen, um zum griechischen Festland zu reisen. Daher haben die meisten Menschen in Moria tausende von Fragen, die ihnen oft niemand beantworten kann. Aber manche sind auch einfach froh mal ein anderes Gesicht zu sehen und sich zu unterhalten über ganz banale Dinge.

Nach vielen Stunden kamen wir abends am ersten Weihnachtstag zurück in unser Apartment in Mytilini. Wir haben die vielen lieb gemeinten Weihnachtsgrüße von Freunden und Verwandten aus Nord-Europa gelesen und uns höflich bedankt. Aber uns war nicht wirklich danach. Wir mussten unsere Eindrücke verarbeiten und Kraft tanken, um auch am nächsten Tag wieder nach Moria zu fahren zu können. Einige von uns waren schon an vielen verschiedenen Orten auf der Balkan Route, aber wir wollen und können uns nicht an die von Menschen verursachten Zustände in den Camps gewöhnen. Jedes Mal, wenn wir aus Moria kommen sind wir bestürzt und schockiert.

René Schuijlenburg, 25. Dezember 2017

Wir verteilen Lebensmittel, Hygiene-Artikel, Baby-Artikel und andere Dinge die Menschen im Alltag brauchen. Wir werden natürlich auch die Situation vor Ort dokumentieren und in den sozialen Netzwerken verbreiten, um zu zeigen wie wir in Europa im 21. Jahrhundert mit Geflüchteten umgehen.

Darüber hinaus werden wir in Athen Projekte, wie z. B. das City Plaza unterstützen, wo etwa 400 Geflüchtete in Selbstorganisation leben. Auch dort werden wir Lebensmittel, Hygieneartikel und andere Dinge, die Menschen im Alltag brauchen, verteilen.

Unsere Arbeit ist nur mit eurer Hilfe möglich. Wir bedanken uns herzlich für die breite Unterstützung, die wir in den vergangenen zwei Jahren bekommen haben und hoffen auf weiteren Beistand und Menschen, die mit anpacken. Jede Spende, ob klein oder groß, wird den Geflüchteten helfen.

Crowdfunding Kampagne: https://www.youcaring.com/cohlesvos

PayPal account carsofhopewtal@gmail.com

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