Der dritte Tag von unserem Aufenthalt hier fing denkbar schlecht an: Auf dem Weg nach Idomeni erreichte uns die Nachricht, dass mindestens zwei Geflüchtete sich selbst angezündet hatten. Einer der beiden musste ins Krankenhaus gebracht werden. Die Stimmung war bei uns dementsprechend betroffen als wir Richtung Idomeni losgefahren sind.
Wir hatten uns entschieden, eine der beide Tankstellen anzufahren, die vor Idomeni an der E 75 liegen. Am zweiten Tag hatten wir Lebensmittel an 2.500 Geflüchtete an einer Tankstelle in der Nähe von Polykastro verteilt, heute wollten wir das gleiche an einer Tankstelle in unmittelbarer Nähe von Idomeni machen.
Die Zustände waren auch dort wieder katastrophal. Dass Menschen mitten in Europa direkt an der Autobahn an Tankstellen wohnen müssen, worunter auch viele Familien mit Kindern sind, macht uns jedes Mal wieder fassungslos. Die Menschen haben Hunger und sind zunehmend verzweifelt. Die Nachricht, dass die Flüchtlingscamps auf den Griechischen Inseln jetzt Gefangenenlager sind, wo man unschuldige Menschen so lange festhält, bis sie in die Türkei abgeschoben werden, macht den Menschen hier Angst.
Als wir unsere Lebensmittel verteilt hatten, machten wir uns auf dem Weg zum Flüchtlingslager in Idomeni. Die Stimmung dort war sehr angespannt. Hunderte Geflüchtete blockierten die Gleise, aber auch die Bevorratung von Nahrung wurde blockiert. Nur Familien mit Kindern wurden durchgelassen damit diese sich etwas zu Essen und zu Trinken holen konnten. Ärzte ohne Grenze stellte die Versorgung zwischendurch vorübergehend ein. Die Geflüchteten, die sich an den Blockaden beteiligt haben, argumentierten, dass sie keine Nahrung, sondern offene Grenzen brauchen. Viele stecken schon seit 4 Wochen an der Griechisch/Mazedonische Grenze fest und sind zunehmend verzweifelt.
Für uns war es nicht einfach, uns zu positionieren. Wir entschieden uns dann, uns auf die Familien mit Kindern zu konzentrieren, da es auch unter den Geflüchteten einen Konsens gibt, dass diese nach wie vor Nahrungsmittel bekommen sollen.
Wir sind jetzt 3 Tage hier und die Eindrücke, die wir hier bekommen, machen uns zunehmend zu schaffen. Was Europa sich hier leistet, ist kaum in Worte zu fassen. Das Leid der Menschen nimmt täglich zu und sie sehen durch die europäische Abschottungspolitik, die hier durch Zäune und Militär durchgesetzt wird, kaum noch eine Perspektive – oder wie es auf einem Schild zu lesen war: „We are slowly dying here.“
Auch Heute werden wir uns wieder nach Idomeni und Polykastro begeben, um dort erneut Wasser und Nahrungsmittel zu verteilen.